Die Hauptverbindungen zwischen China und Europa
Quelle: Stiftung Wissenschaft und Politik, IIWF, UNCTAD, GTAI
China setzt auf Bildung, beschleunigten Güteraustausch und mehr
Nur 4 Tage und 9 Stunden dauert die Fahrt mit dem Postexpress von Chinas Grenze (Chongqing, Yiwu und Zhengzhou) entlang der neuen Seidenstraße bis an die Grenze von Polen. 17 Postzüge haben seit Mai 2020 die Onlinebestellungen mit 1.940 TEU Containern aus China nach Deutschland gebracht. Zwei weitere Postzugverbindungen sind nach Frankreich und Spanien im Transit, erzählte Alexey Grom, CEO der UTLEC/ERA`s- Eisenbahnen und fügte hinzu: „die Züge rollen über eine der modernsten Eisenbahnstrecken in enger Abstimmung mit allen beteiligten Staaten.“.
EU- Ratspräsidentschaft
Am 1. Juli hat die Bundesrepublik Deutschland die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernommen. Das Motto „Gemeinsam Europa wieder stark machen“. Ein Slogan, der leider nicht die Kraft eines Absatzmarktes mit insgesamt 450 Millionen Einwohnern zum Ausdruck bringt. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist der EU-Binnenmarkt der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Erde. Wenn auch die unmittelbare Bewältigung der Corona-Pandemie im Mittelpunkt steht betreffen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen ganz Europa. Der Weg aus der Krise kann deshalb nur mit einem abgestimmten Handeln in europäischer Solidarität geschafft werden. Das fordert von der Politik, der Industrie und dem Bürger Flexibilität und Offenheit gegenüber seinen Nachbarn.
Ob Deutschland während seiner EU-Ratspräsidentschaft ein gut laufender Motor und weitsichtiger Moderator war, wird nach der Präsidentschaft deutlich werden. Heute ist den verantwortlichen Politikern gewünscht mit Souveränität, Tatkraft und der nötigen Weitsicht Brücken zu bauen und Lösungen zu finden, die am Ende allen Menschen in Europa zugutekommen. Hierin sehe ich die Voraussetzung, dass die EU-Staaten auch über Europas Grenzen hinaus eine starke Position einnehmen und Anerkennung erlangen.
Nur wenn auch Weltoffenheit praktiziert wird kann die Wirtschaft florieren. Wenn Europa weiter erstärken soll wird das nur gelingen, wenn Deutschland und die anderen 26 Staaten der Gemeinschaft die globalen Veränderungen respektieren und wo nötig ihre Haltung anpassen. Wenn es um Handel und wirtschaftliche Flexibilität auch auf dem Finanzsektor geht sind kleinere Mitgliedstaaten wie die Niederlande, Belgien, Dänemark, Luxembourg geradezu meisterlich aktiv. Hier werden nicht nur kreative Gedanken schnellstmöglich in die Praxis umgesetzt, sondern auch in alle Teile der Welt exportiert.
Um als Wertegemeinschaft sich im globalen Umfeld zu unterscheiden und als Moderator akzeptiert zu werden ist es unerlässlich die strategisch wichtigen Themen, die die Zukunft bestimmen deutlich auf die Agenda zu setzen: Klimawandel, Digitalisierung, Mobilität, Luft- und Raumfahrt, nachhaltige Urbanisation, Bildung um nur einige zu nennen.
Es ist zweifellos bedauerlich, dass der für September in Leipzig vorgesehene Gipfel „China- EU -Mitgliedsstaaten“ unter Vorsitz von Deutschland verschoben werden musste. Im Gegensatz zu Deutschland mit exzellenten Wissenschaftlern und fleißigen Unternehmern ist China dabei auf allen Industriefledern nicht nur visionär zu denken, sondern neue Entwicklungen voran zu treiben und Maßstäbe für die Zukunft zu setzen. Gerade Deutschland fehlt es hier bei der Entscheidungsfindung und schnellen Umsetzung von Ideen oft am nötigen Elan. Poltische Parteien und Stimmen aus den Bundesländern vermitteln für einen Außenstehenden oftmals den Eindruck, Deutschland fehlt die Einheit.
Bildung – Grundlage für eine florierende Wirtschaft
Das chinesische Bildungsministerium gab Ende Juni 2020 bekannt, die internationale Zusammenarbeit zu vertiefen und den Bildungssektor weiter zu öffnen, um mehr hochrangige Fachkräfte mit globaler Perspektive zu fördern. Die Kooperation soll Hochschulbildung, Grundbildung und Berufsausbildung erfassen. Gerade bei der Berufsweiterbildung profitiert man besonders im Autmotive-Bereich durch die aus Deutschland „importierte“ duale Ausbildung.
China hat mit ca. 3000 Universitäten und Hochschulen das größte akademische Ausbildungsnetzwerk der Welt. Chinesische Universitäten sollen ermutigt werden, gemeinsame Studiengänge mit ausländischen Partnern durchzuführen. Die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Abschlüssen von ausländischen Universitäten sollen verbessert werden. Darüber hinaus will China die Überprüfungs- und Genehmigungsverfahren an Hochschulen und Universitäten reformieren, um Experten, Professoren und Studierenden aus anderen Ländern Studium und Arbeit in China zu erleichtern. In China will man alle zur Verfügung stehenden Ressourcen nutzen, um die Verwirklichung der Bildungsziele zu erleichtern, die in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung festgelegt sind.
Containerumschlag Chengdu Intermodal
Quelle: Fotograf J. Yang/DPM
Trotz Corona – Wirtschaftsaufschwung
Dem chinesischen Staatlichen Statistikamt zufolge gingen die Industrie-Produktion, die Wiedereröffnung der Geschäfte und Märkte in China seit Mai weiter stetig voran. Allein im Juni stiegen die Gewinne großer Industrieunternehmen um 11,5 Prozent auf 666,55 Milliarden Yuan, was einer Steigerung von 5,5 Prozentpunkten gegenüber Mai entspricht, informierte der leitende Statistiker von NBS, Zhu Hong. Der Herstellungsindex der landesweiten Dienstleistungsbranche ist im Mai gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Prozent gestiegen. Experten von Finanz- und Wirtschaftsinstituten sind der Meinung, dass die stabile Entwicklung der chinesischen Wirtschaft angesichts der komplizierten Lage der Pandemie außerhalb Chinas und der Weltwirtschaftskrisen besonderen Herausforderungen gegenübersteht. Wird der Bürger in der EU / Deutschland von Negativberichten überrascht: AIRBUS Personalabbau, Kaufhof schließt Filialen kommen aus China positive Nachrichten. COMAC liefert die ersten 3 ARJ21 Passagierflugzeuge an China Air, China Eastern und Southern China aus. Die Entwicklung von Wide-body-Passagiermaschinen wird vorangetrieben. Das größte Wasserflugzeug AG600 der welt hat am 25. Juli vor Qingdao seinen Jungfernflug bestanden. Neue Schnellzugverbindungen werden eröffnet und vernetzen die Regionen. Die Provinz Jiangsu, das wachstumsstarke Hinterland von Shanghai hat seit Ende Juni ein Schnellzugnetzwerk Suzhou,Huai`an, Nan Tong, Taicang als Cluster deutscher Unternehmen aller Industriebereiche mit direkter Verbindung Beijing und Shanghai.
Neue Wirtschaftskorridore
Vor 2000 Jahren war die antike Seidenstraße Handelsroute zwischen China und Europa. 2013 wurde vom chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping die neue Seidenstraßeninitiative mit einem Investitionsprogramm in Höhe von 900 Mrd. USD verkündet. Staaten in Asien, Afrika und Europa wurden eingeladen sich daran zu beteiligen. Mit über 67 Staaten hat China inzwischen Kooperationsvereinbarungen unterzeichnet. Wie bei der traditionellen Seidenstraße handelt es sich bei der Neuen Seidenstraße oder BRI ( Belt and Road Initiative ) um ein Netzwerk von Routen über das Handelswaren mit der Eisenbahn, auf der Straße in der Luft oder über den Seeweg transportiert werden können. Entlang aller Strecken, die einen Abstand von bis zu 11.000 Km überbrücken bieten sich für langfristige deutsche Unternehmerstrategien gute Chancen. Der BWA kann hier unterstützend helfen, entsprechende Standorte zu finden.
Die chinesische Regierung stimuliert die Seidenstraßeninitiative als wichtigen Impulsgeber der Globalisierung. Allein in Asien werden zwischen 2016 und 2030 etwa 26 Billionen USD für Bauprojekte, Kraftwerke, Pipelines, Brücken, Häfen Straßen und Eisenbahnstrecken benötigt. In der EU gibt’s Stimmen die fürchten, dass China den Welthandel im Alleingang neu ordnen könnte. Deutschland hat sich ebenfalls eine gewisse Zurückhaltung auferlegt. Es wäre zweckmäßiger offensiv mit intelligenten Strategien aufzuwarten. Allein Ganzzugverbindungen China- Hamburg / Nürnberg und Duisburg sind noch kein Garant für einen breiten wirtschaftlichen Nutzen. Die großen Drehkreuze der Bahn liegen in Polen und entstehen in Tschechien und Ungarn. Auch die Niederlande sind ein starker Spieler mit Verbindungen zum Hafen Rotterdam, Logistikzentrum Doetichem und der Hefei-Tilburg „Lenovo- Line“, die am 26. Juni 2020 eröffnet wurde. Scheinbar ist es schwierig in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern Hubs für die Bahn einzurichten. Für die chinesische Seite schwer verständlich, dass man bei geografischen Abständen von weniger als 100km keine Entscheidung treffen kann wo ein Knotenpunkt entstehen soll.
XIAN – wichtigster und größter Knotenpunkt für den Containerumschlag in China
Quelle: Fotograf J. Yang/DPM
Über den Autor
Der Autor Rainer G.P. Dumpff hat in 13 Ländern, auf 4 Kontinenten gelebt, gearbeitet und gelernt mit kulturellen Unterschieden umzugehen. Seit 13 Jahren ist sein Unternehmen DPM Dumpff Project Management in China aktiv. Dabei gehörten die Luftfahrt und Entwicklung von „Green Airports“ mit modernster Infrastruktur zu den Hauptaufgaben. Als Mitglied in der BWA -Kommission für Außenwirtschaft unterstützt er Auslandinitiativen.